Dienstag, 25. Dezember 2018

Matty und Gigi auf großer Fahrt - Kapitel 19 & 20



19. Wärme


Matty lief als erste voraus. Mit energischen, unermüdlichen Sprüngen näherte sie sich der Ruine, an der sie gehalten hatten. Hier sah es kaum anders aus als am Landeort zuvor: die meisten Häuser waren abgebrannt, überall nur Geröll und Asche. Die Luft war erfüllt von unangenehm riechenden Flocken, die seicht herabrieselten. Fast schien es, als sei dieser Ort noch nicht lange so verfallen. Ob die Dunkelheit erst vor Kurzem zugeschlagen hatte? Auch wenn Abasidan noch immer in Mattys Kopf zu spuken schien, hatte sie jetzt keine Zeit für Furcht. Sie konnte Steve riechen. Deutlicher als je zuvor!
Die Reisegesellschaft folgte Matty. Die Drachenenergie sauste hinter ihr her. Doch so schnell das winzige Fellwesen spurtete, konnte sonst keiner von ihnen mithalten - außer Bippy. Er entpuppte sich als wahrer Meister des Sprintens! Zwar immer etwas hinter der Ratte, hielt er gut Schritt mit dem Lauf des pelzigen Flitzers.
"Ich rieche ihn!" rief Matty immer wieder. "Ich kann ihn ganz deutlich riechen! Er war hier! Es ist nicht lang her!"
Aufgeregt rannte sie umher. Ihre Füße konnten den Spuren nicht so schnell folgen wie ihre Nase. Sie hastete die Treppen hinauf.
"Hier! Schnell!" rief sie, rannte die Treppen wieder hinunter und drängte die anderen, ihr zu folgen. "Hier! Bestimmt!"
Mit einer flinken Geste glitt Bippys Hand unter ihren Bauch und hob sie hoch, damit Matty sich auf seiner Schulter niederlassen konnte. Er hastete die Treppen hoch. Die Herzen umgaben die beiden nun in engem Schein und pulsierten stark. So wurden auch die dunkelsten Ecken erleuchtet. Matty hielt die Nase in die Luft und wies Bippy den Weg. Der Wichtel spürte, je mehr sie in die Richtung liefen, die Mattys Nase ihnen vorgab, immer mehr Wärme.
'Seltsam,' dachte er noch und war gespannt, woher diese sich langsam aufbauende, äußerst angenehme Hitze kommen mochte.
Schließlich gelangten sie an eine ausgeklappte Stiege, die zu einem Dachboden zu führen schien. Eine sehr steile Leiter, wohlgemerkt, hier musste Bippy trotz seiner kleine Füße aufpassen, nicht von den Trittstufen zu rutschen.

Als Bippys Kopf durch die Luke sehen konnte, erspähte er sofort den Quell der Wärme: einen kleinen Ofen! Es loderte ein winziges Feuerchen darin, doch spendete es in dieser eisigen Umgebung reichlich Wärme, damit wieder Leben in seine steifen Finger gelangen konnte. Matty hangelte sich an Bippys Pullover über die Beine hinunter und lief einen Moment umher. Dann plötzlich ein Ruf:
"Matty?"
Matty schnupperte so nervös, das sie völlig verwirrt war. Sie kannte doch diesen Geruch! Und dann, vor einer hölzernen Kiste sitzend, sah sie... ihre Mami!
"Mami!" rief sie und trippelte auf die ergraute Ratte zu, die mit verstrubbeltem Fell vor einem kleinen, mit Papier ausgelegten Nest hockte.
"Meine süße, kleine Matty!"
Die anderen Reisegefährten waren durch den Ruf herbeigeeilt und betraten die kleine Dachstube nacheinander. Sie sahen, wie die kleinen Wesen einander begrüßten, sich beschnupperten - von vorne bis hinten, von oben bis unten - sich mit den winzigen Händchen überall abtasteten und sich gegenseitig ihre Öhrchen schleckten. Und dann ein erneuter Ruf:
"Hallo Matty!"
Oben auf der Kiste saß eine weitere Ratte, mager, mit zerzaustem Fell und müden Augen, die nun vor Freude aufleuchteten.
"Oh Steve!" rief Matty.
Noch ehe sie sich an der Kiste hochhangeln konnte, rutschte Steve - ein wenig ungeschickt, aber wer konnte ihm das nun zum Vorwurf machen? - an den Planken der Kiste herunter.
"Steve! Ich hab' dich so vermisst!"
Die drei kleinen Kreaturen kuschelten sich aneinander, und ihre Zungen wollten nicht mehr stillstehen. Sie schleckten und schlabberten sich die Gesichter und die Ohren gegenseitig, und wirkten für einen Augenblick abgeschnitten von der zerrütteten Welt, als hätten sie ihr eigenes Universum erschaffen.
"Oh Mami, ich dachte du wärst nicht mehr hier. Ich habe dich nicht mehr wahrgenommen, seit damals das Mensch kam und mich fortgeholt hat... " Matty sah sie mit einem schmerzvollen Ausdruck in den Augen an.
"Aber ich bin hier, mein Liebes. Wir sind wieder zusammen!"
Matty schleckte ihrer Mutter und ihrem Bruder noch einmal ausgiebig über die Nase und Augen. Dann erhob sie sich und sagte mit freudiger und ebenso fester Stimme:
"Und jetzt fahren wir in unser neues Zuhause!"
"Na, wenn das kein Wort ist!" lachte Arton, der sich neben Bippy an den Ofen gestellt hatte.
"Ein neues Zauhause?" fragte Steve skeptisch. "Davon bin ich bedient, danke."
Matty grinste.
"Ein richtiges Heim, du Dummerchen," lachte Matty. "Eines, in dem es uns gut geht und wir nie wieder weggehen müssen!"
"Genau so und nicht anders!" mischte Bippy sich jetzt ein. "Und wir werden dann gerade rechtzeitig zur Feier kommen. Da gibt es viele Leckereien, und ihr könnt euch die Bäuche so richtig sattfuttern!"
"Ganz zu schweigen von Niki!" fügte Lotti noch lachend hinzu. "Und einem warmen Kaminfeuer und gemütlichen Sesseln."
Die Runde lachte. Obwohl Steve misstrauisch war folgte er Matty auf Schritt und Tritt. Diese konnte es natürlich nicht mehr erwarten, ihrer Familie Gigi vorzustellen. Und so kuschelten sich Gigi und die kleine Familie auf dem Rückflug in die Weihnachtswelt dicht aneinander. Es gab jetzt nichts anderes mehr als das Glück, das sie empfanden. Und die Freude auf ihre neue Heimat.



20. Der Aufregung ein Ende

Die pelzigen Gefährten bekamen von der Rückfahrt nicht viel mit, außer das es auch in der luftigen Höhe angenehm warm war. Je näher sie dem Weihnachtsort kamen, desto lauschiger wurde es.
Die Glöckchen des Zauberpulvers erklangen in gleichmäßigen, sanften und einlullenden Tönen. Bippy schien es nicht eilig zu haben, sonst wäre die Glöckchenmelodie schneller und höher. Er genoss das Lenken des Schlittens und das Fliegen sehr, denn nach dieser Mission hatte er ein Hochgefühl und Selbstvertrauen wie noch nie. Die Sterne standen klar am nächtlichen Firmament. Je weiter sie sich von der Erde entfernten, desto frohgemuter wurde es den Reisegefährten. Sie schnatterten aufgeregt miteinander und malten sich aus, was sie alles an Bekömmlichkeiten aufgetischt haben wollten.

Bippy lenkte das Gefährt zielsicher auf den Schlittenhof und legte eine problemlose, sanfte Landung hin. Er bat seine Freunde, in einen anderen Schlitten umzusteigen. Dieses Fahrzeug erwies sich als gängiger, doch überaus gemütlicher Schlitten, der nicht flog, sondern einfach tatsächlich gefahren wurde.
"Letzter Halt: Festplatz!" summte Bippy fröhlich.
Arton rieb sich erwartungsvoll die Hände und sagte:
"Aah! Bier!"
Die Fellwesen kletterten und krabbelten nun neugierig auf die Lenkstange; Gigi lehnte sich wagemutig und nun gar nicht mehr müde über den Schlittenrand. Lotti sog die herrlich süß duftende Luft ein, die von milden und auch herben Kräuteraromen durchzogen war, während Frank einfach nur glücklich den Schnee betrachtete.
Nahe des Festhofes stoppte der Wichtel den Schlitten. Hier standen unzählig viele solcher Gefährte herum, alle kreuz und quer durcheinander. Unweit entfernt konnte man einen immensen Baum erkennen, mit den herrlichsten Dingen behangen. Buden standen überall herum, die die leckersten Spezialitäten feilboten: Lebkuchen und Plätzchen, Kuchen und Torten in allen Varianten, wunderbar duftende Getränke und Gerichte von ungewohnter Kochkunst.
Beim Näherkommen traute Lotti ihren Augen nicht: überdimensional große Printenmännchen unterhielten sich miteinander, jedes von ihnen mit unterschiedlich farbigen Knöpfen auf der Brust; Zwerge und Wichtel, die sangen und tanzten; kleine und große Drachen, die in dem Getümmel nur allein durch ihre Farbenpracht auffielen.
"Es ist herrlich hier!" seufzte sie.
Kaum hatten sie den Festplatz erreicht, trat ihnen Niki entgegen. Er begrüßte sie allesamt mit einer Umarmung und Küsschen, und wies mit einem Fingerzeig auf die Bühne. Mit einer Kopfbewegung bat er die frisch eingetroffene Suchtruppe, sich zu ihm auf die Bühne zu gesellen.

"Meine lieben Freunde!" begann Niki, und seine Stimme klang festlich wie eh und je. Er war einfach für solche Momente geboren. "Dieses Jahr hat der Raum der Hoffnung uns endlich wieder einige Freunde geschenkt!"
Applaus und fröhliche Pfiffe erklangen aus dem Publikum.
"Ich möchte euch unsere neuen Mitbewohner vorstellen und gehe davon aus, das ihr sie ebenso schnell in's Herz schließen werdet wie ich -" er räusperte sich, ehe er weitersprach. "Dies hier sind meine besonders lieben Freundinnen Matty -" er hob mit einer liebevollen Geste Matty auf seine Schulter, "- und Gigi," wobei er das äußerst aufgeregte Kaninchen auf seine Arme nahm. "Sie hatten ein schweres Los zu tragen. Matty hat ihren Bruder verloren, und heute kann ich stolz sagen, das sie nicht nur ihr Brüderchen Steve wiedergefunden hat, sondern auch ihre schmerzlich vermisste Mami. Dies zu verdanken haben wir der tatkräftigen Unterstützung von unserem Bippy."
Noch während Niki Mami und Steve auf seine Schultern setzte, winkte er den Wichtel näher zu sich heran. Bippy nahm seine Mütze vom Kopf und drehte sie verlegen in seinen Händen umher. Die Weihnachtswesen klatschten und nickten anerkennend.
"Doch ebenso habe ich eine alte Freundin wiedergefunden, meine liebe Lotti!"
Ohne Scham verbeugte Lotti sich und drückte Niki kräftig an sich.
"Und dem noch nicht genug: wir haben einen weiteren neuen Bewohner! Frank, komm mal bei."
Der Schneemann hüpfte bedächtig, damit er nicht auf der Bühne ausglitt, auf Niki zu.
"Franks Worte wurden nie gehört, wie mir zugetragen wurde -" dabei zwinkerte Niki ihm zu, "- doch nun hat er eine klare Stimme."
Erneut tosender Applaus.
"Doch zu guter Letzt, das will ich gar nicht abmildern, möchte ich auch unseren Arton loben, der bei seinem ersten Außeneinsatz Herz und Mut bewiesen hat! Wie ihr sicherlich mittlerweile alle wisst, gab es einen Notfall. Unsere Freunde hatten es mit einem alten Bekannten zu tun, den einige von euch in lebhafter Erinnerung haben, während andere nur seine Legende kennen."
Niki nahm seine Mütze ab, senkte den Kopf und schwieg eine Minute. Die Weihnachtswesen taten es ihm gleich.
"In Gedenken an all jene, die wir gegen Das Dunkle verloren haben, möchte ich das heutige Fest auch all jenen widmen, die hierher gelangt sind und mir beim Aufbau unserer wundervollen Welt geholfen haben! Der Aufregung sei nun ein Ende, also lasst uns Spaß und Freude haben! Somit ein Fröhliches Weihnachten euch allen!"
Das der Applaus kaum noch abreißen wollte, braucht an dieser Stelle nicht erwähnt werden. Ebensowenig, das es ein rauschendes Fest wurde.

Das ist wirklich das Ende. Oder nicht?
Was ist nun aus Matty und ihrer Familie, was aus Gigi und Lotti geworden? Es ist nicht zu viel verraten, wenn ich erwähne, das sie alle glücklich waren. Die neuen Bewohner der Weihnachtswelt bekamen in Nikis Anwesen nicht nur ein neues Heim, sondern Liebe, Geborgenheit und Sicherheit, die ihnen allen gefehlt hatte.
Und, nur so ganz nebenbei: Niki bekam zudem die schmackhaftesten Kuchen, die er nie zuvor gegessen hatte. Denn Bruni (die gute Seele des Hauses) und Lotti waren von der ersten Minute an ein eingeschworenes Team. Arton, glücklich darüber, wieder bei seinen Zwergen zu sein, fand in Lotti eine wahre Freundin, mit der er auch die stillen und traurigen Momente teilen konnte. Und Frank? Wo hätte es ihm besser ergehen können als in einer Welt, die immerzu Schnee bot und deren Luft von Magie geradezu flirrte?


Auf Wiedersehen, Matty! Lebe wohl, Gigi! Macht es gut, all ihr wunderbaren Wesen! Und danke an Lotti für die leckeren Kuchen! Auf bald und frohe Weihnachten!


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