Samstag, 15. Dezember 2018

Matty und Gigi auf großer Fahrt - Kapitel 7 & 8



7. Ein ernsthaftes Gespräch


Nach dem ausgiebigen Mahl lagen Matty und Gigi lang ausgestreckt auf dem Sofa, das viele kuschelige Versteckmöglichkeiten bot. Sie konnten, sie wollten, sich gar nicht mehr bewegen, so dick waren ihre Bäuche von dem wunderbar schmackhaften Essen, das Bruni - Niki hatte sie liebevoll lachend "die gute Seele des Hauses" genannt - ihnen serviert hatte. So frisch und lecker, in jeder Nuance auf ihrer Zunge tanzend, hatten sie noch nie gegessen.
Nach einer Weile gesellte sich Niki wieder zu ihnen. Er war gekämmt, denn seine Haare standen nicht mehr in alle Richtungen ab, und er trug auch andere Kleidung: keine Hauskleidung mehr, als wäre er in Windeseile aus dem Bett aufgestiegen und hätte sich rasch etwas anziehen müssen. Nein, er trug einen feinen Mantel, von dunkler, leicht violetter Farbe, von kupfern schimmernden Säumen umrahmt. Auch seine Füße steckten in anderen Schuhen, keine karierten Hausschluppen und verschiedene Socken mehr.
"So, ihr Lieben, nun sollten wir uns unterhalten," sagte Niki und strich sich besonnen über seinen dichten, wohlgekämmten Bart.
Gigi und Matty sprangen und kletterten zu ihm auf den Sessel.
"Es gibt einen Grund, warum ihr beide hier seid."
Während Matty mit voller Aufmerksamkeit und ein wenig angespannt auf Nikis Schulter Platz nahm, legte Gigi die Vorderpfoten auf Nikis Knie und stellte die Ohren ganz auf.
"In habe einen speziellen Raum. Dieser 'Raum der Hoffnung', wie er heißt, zeigt mir jedes Jahr Seelen, die endlos verzweifelt sind - und denen ich helfen kann. Doch wie ich euch helfen kann, das liegt allein bei euch. Gibt es -" und Niki bedachte beide mit einem eingehenden, bedeutungsvollen Blick, "denn etwas, das euch schwer auf dem Herzen liegt?"
Die beiden sahen ihn groß an.
"Wisst ihr, es ist schon sehr lange her, da kam jemand zu mir - Sammy -" und als er den Namen aussprach, wurde Nikis Gesichtsausdruck noch weicher und so herzlich, das den beiden kleinen Wesen ganz warm um's Herz wurde, "- der seine Familie schmerzlich vermisste. Durch ein wenig Unachtsamkeit wurden sie getrennt. Als Sammy zu uns ins Weihnachtsland kam fanden wir gemeinsam im 'Raum der Hoffnung' eine Seele, die errettet werden musste. Wir fanden einen neuen Freund und Hoffnung."
Einen Moment herrschte andächtiges Schweigen.
"Was also, meine Kleinen, kann ich für euch tun?"
Nach einem Moment, in dem sie angestrengt überlegte, sagte Matty:
"Kannst du nicht wieder in den Raum gehen?"
"Nein," antwortete Niki, "denn ich war dieses Jahr schon dort und habe euch beide gefunden."
Er fuhr Matty sanft über den Rücken und kraulte Gigi zwischen den Ohren, die noch immer zum Lauschen aufrecht standen.
"Ich habe ein Brüderchen," platze Matty heraus. "Manchmal erinnere ich mich an ihn. Er ist noch ohne Fell, und er hat Hunger. Ich weiß nicht, was mit ihm geschehen ist."
"Können wir ihn nicht suchen?" rief Gigi, mit einem Mal ganz entschlossen und sich aufgeregt aufsetzend. Einer ihrer Hinterfüße klopfte kurz und energisch auf Nikis Bein.
Niki lächelte zärtlich.
"Wunderbar! Dann suchen wir ---?"
"Steve!" rief Matty, "mein Brüderchen heißt Steve!"
Sie putzte sich aufgeregt die Nase und die Ohren, und rannte Niki über den Kopf hinweg auf die andere Schulter.
"Dann suchen wir Steve!" sagte Niki und unterlegte seine Worte mit einem zielstrebigen Nicken.
"Aber... " sagte Gigi zögerlich, "... was ist aus Sammy geworden?"
Niki verharrte einen Augenblick in seinen Bewegungen. Seine enormen Finger weilten einen Moment zwischen Gigis Ohren, blieben auf Mattys Rücken stehen. Dann räusperte er sich und sagte:
"Wir haben seine Familie gefunden. Und Sammy hat viele neue Freunde gefunden. Aber das ist schon sehr, sehr lange her, ihr Lieben. Und manchmal schmerzt auch mich die Erinnerung."
"Wieso?" fragte Matty geradeheraus, denn ihre Neugier wollte jetzt kein Ende finden.
"Weil für die Menschen und Erdenfreunde die Zeit doch viel schneller vergeht, während sie hier manchmal stehenzubleiben scheint. Und ein Erdenleben ist nicht unendlich, wie es hier ist."



8. Macht alles bereit!

Nachdem sie eine Stunde oder zwei ausgeruht und Nikis Worte verdaut hatten - ebenso das reichhaltige Abendmahl, das ihnen Bruni mit liebevoller Inbrunst zubereitet hatte -, hörten sie hinter einer der Türen Nikis mittlerweile vertraute und liebgewonnene, basstönige und brummende, leicht summende und fast singende Stimme:
"Macht alles bereit!"
Gigi und Matty waren sofort hellwach, denn es klang ganz so, als wäre dies eine Ankündigung für etwas.
Matty konnte nicht stillhalten. Sie rannte auf dem Sofa, auf dem sie geschlafen hatten, hin und her, immer wieder auf und ab, sprang hinunter und wieder hinauf, krabbelte über Gigi, leckte deren Ohren und Augen, und wollte gar nicht mehr zur Ruhe kommen.
Dann - endlich! - trat Niki wieder ins Wohnzimmer.
"So. Der liebe Wichtel, dessen Bekanntschaft ihr schon längst hättet machen sollen, ist bereit."
"Machen sollen?" fragte Gigi und setzte sich aufrecht hin. Ihr Blick war skeptisch.
"Nun ja," kratzte Niki sich am Kopf, "Bippy, der Wichtel, der euch hergebracht hat. Er hat wohl nur seine Vorstellung versäumt, und ich wusste nicht, das ihr plötzlich hier wachgeworden seid. Er ist ---," Niki kratzte sich verlegen am Bart, "noch unerfahren."
"Was ist der Unterschied?"
Niki hob eine Augenbraue bei Gigis Frage.
"Der Unterschied zwischen hier und Erde?" wollte sie genauer wissen.
"Der Unterschied liegt darin, das dies hier eine andere Welt ist. Aber das konntet ihr nicht wissen. Und die Zeit drängt zu sehr, das ich euch alles erklären und zeigen könnte!" Den letzten Satz fügte Niki lächelnd mit einer Eile hinzu, die beiden bisher unbekannt war, denn der Weihnachtsmann schien die Ruhe in Person zu sein.
"Ich habe Bippy herbestellt, und er wird jeden Augenblick eintreffen."
"Eintreffen für was?" hakte Matty nach, die vor Nervosität nicht mehr innehalten konnte.
"Er holt euch beide ab, damit ihr nach deinem Bruder Steve suchen könnt."
Matty hielt in ihrer Bewegung inne. Es war, als wäre sie versteinert.
"Aber wo... und wie... ?"
"Geht mit Bippy, ihr Lieben, und wir sehen uns gleich wieder."
Mit großen Schritten verließ Niki das Zimmer und ließ die beiden nervösen Mädchen zurück. Gigi war versucht, sich wieder unter der Decke zu verstecken, doch sie sah, wie aufgelöst Matty war. Sie näherte sich mit einem kleinen Hüpfer und begann, die Ohren und Augen der winzigen, flatterigen Kreatur zu lecken.
"Hab' keine Angst, Matty, ich bin bei dir!" sagte sie verständnisvoll. "Wir schaffen das zusammen!"
Matty krabbelte auf Gigis Rücken, über ihren Kopf und zwischen den Ohren, um schließlich Platz an ihrem Bauch zu finden. Gigi fühlte sich so warm an, so vertraut.
"Bleibst du bei mir?" wollte Matty wissen. "Egal was noch kommt?"
Gigi schloss die Augen und ließ den Kopf sanft auf Mattys Kopf sinken.
"Ja, auf immer bleib' ich bei dir."
Für einen Augenblick war alle Furcht und jegliche Anspannung aus Matty gewichen. Dann klopfte es an der Tür, und Matty war noch aufgeregter als zuvor.
Als die Tür aufging und eine Stimme zu hören war - ein wenig schüchtern, aber doch entschlossen, war auch Gigi ungeduldig und neugierig, was auf sie warten würde.
"Seid ihr bereit? Ich soll euch abholen." Und dann, ein wenig zerstreut: "Ach ja, ihr kennt mich noch nicht: ich bin Bippy."

Sie nahmen wieder Platz in einem Schlitten. Dieser Schlitten war in einem herrlichen, dunklen und glitzernden Violett, mit kupfernen Intarsien und Kufen.
"Wir machen noch einen kurzen Halt, und dann geht's los!" nickte Bippy den beiden zu. "Gut festhalten, es könnte ein wenig holprig werden," fügte er entschuldigend mit einem schiefen Lächeln hinzu.
Die Fahrt war in der Tat sehr unruhig, und die beiden Mädchen schlingerten von einer Seite auf die andere. Zum Glück dauerte das Geholpere nicht lange, denn nach einigen Minuten hielten sie auf einem großräumigen Platz. Mit eiligen Schritten sahen sie eine Gestalt näherkommen. Kein sehr großes Mensch, etwas größer und stämmiger allerdings als Bippy. Es hatte dunkles, kastanienrotes Haar, das von grauen Stellen durchzogen war, so daß es
schien, als habe sich der Schnee schimmernd mit seinen Haaren verwoben. Als das Männchen den Schlitten erreicht hatte, sprang es mit einem gekonnten und sehr sportlichen Satz auf die Rückbank. Gigi erschrak und hüpfte entsetzt in die andere Richtung davon.
"Guten Tag alle zusammen," sagte das Männchen, das einen enormen Bart mit langen Zöpfen trug mit tiefer, knatternder Stimme, "ich bin Arton. Ich werde euch auf eurer Reise begleiten, für den Fall, das ihr mal Hilfe braucht."
Seine strahlend blauen Augen verharrten einen Moment lang auf Gigi, und in seinem Blick lag - auch wenn seine Stimme anders klag - etwas sehr Sanftes.
"Niki weiß Bescheid, nehme ich an?" fragte Bippy mit strengem Blick.
Als Arton gerade antworten wollte, ertönte Nikis Stimme über ihnen. Er saß in einem Schlitten, fegte über sie hinweg und winkte ihnen fröhlich zu. In einer engen und waghalsig anmutenden Kurve drehte er wieder um und landete gekonnt und sehr knapp neben ihrem Schlitten. Matty sah, das hier ein Profi das Gefährt flog.
"Wow!" sagte sie leise.
"Arton soll euch ein wenig unter die Arme greifen. Die Erde ist nicht mehr der sicherste Ort, nicht nach allem, was geschehen ist." Sein Gesicht verdüsterte sich einen Augenblick. Mit einem Lächeln fuhr er nach einer Weile fort: "Ich habe hier zwei Beutel Zauberpulver. Dieses hier setzt ihr ein, wenn ihr fliegen wollt. Dieses, wenn es um die Zeit geht. Alles klar? Und Bippy -" fügte Niki leiser hinzu und trat einige Schritte von der Reisegesellschaft fort, winkte mit einem Fingerzeig den Wichtel zu sich und drückte ihm etwas in die Hand. Es war metallisch und hatte die Form einer Taschenuhr. Niki erklärte:
"Das ist ein Kommunikator. Benutze ihn nur in äußersten Notfällen! Du weißt, ich habe wenig Zeit, und er wird dich direkt zu mir durchstellen."
"Wie funktioniert er?" wollte Bippy wissen, während er neugierig die Gerätschaft betrachtete.
"Hier draufdrücken, dann klappt er auf, die Antenne fährt aus und du kannst sprechen. Ich erhalte den Ruf zeitgleich. Aber nur du darfst ihn bedienen, Bippy! Ich verlasse mich da auf dich!" Und Niki sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue ein klein wenig streng an. Bippy nickte rasch.
Als die beiden zum Schlitten zurückkehrten, hörten sie Arton sagen:
"Brauchen wir nicht eine Karte?" Arton kratzte sich am Kopf.
"Karte?" Niki lachte lauthals auf. "Dieser Schlitten enthält einen Kompass -" Mit einem Finger deutete Niki auf ein kupfernes Gerät, das nur auf die Armatur augebracht zu sein schien, und das einige seltsame Zeichen offenbarte, " - und nach diesem braucht ihr euch nur richten. Er kennt alle Stellen, an denen sich Steve jemals aufgehalten hat. Die Magie wird euch tragen, mein lieber Zwerg!"
"Ach ja, das weiß ich doch nicht... " brummelte Arton ein wenig schnippisch in seinen Bart hinein.
"Ich wünsche euch gutes Gelingen, meine Lieben!" Damit nahm er den Lenker des Schlittens in die Hand und wollte starten, als Gigi rief:
"Wann sehen wir dich wieder, lieber Niki?"
Schon im Flug rief Niki ihnen noch zu:
"Bald, meine Lieben, bald!"
"Alles bereit?" fragte Bippy und warf einen Blick in die Runde.
Matty nickte aufgeregt, während Gigi sich nicht so sicher war. Doch sie hatte versprochen, ihrer kleinen Freundin zur Seite zu stehen, und dieses Versprechen würde sie halten. Komme was wolle! Sie nickte entschlossen.
"Aber sicher!" brummte Arton. "Warum sind wir noch nicht in der Luft?" Er lachte so laut, das die Rückbank vibrierte.
Bippy atmete tief ein und aus, griff nach dem Säckchen mit dem Zauberpulver, streute ein wenig über den Schlitten und - schwupps! - erhoben sie sich in luftige Höhe.

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